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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 11:01 
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Goldschmiedemeister
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Zum besseren Verständnis der Brennkurven sollte man wissen was da jeweils passiert.

Bei 100 °C verwandelt sich das Wasser in Dampf und muss entweichen. Nach innen durch den Gusskanal geht es leicht und treibt damit einen Großteil der Wachse mit aus, nach außen kann es nur durch die freien Seiten langsam entweichen.
Weiter innen kann der Dampf nur durch den bereits trocknen Teil der Einbettmasse aus dampfen. Man kann sich das als Dampfgrenze, die nach innen wandert, vorstellen. Ist der Vorgang zu schnell dann werden Teile abgesprengt und die Form zerstört.

Bei 380 °C verwandelt sich das kristallin gebundene Wasser in Wasserdampf, der ebenfalls entweichen muss. Hier sind die Drücke viel höher aber die Menge viel geringer, daher ist dieser Vorgang seltener ein Problem. Einmal hatte ich relativ neue Heizspiralen in einem Ofen und der Temperaturfühler war kaputt und die Heizung lief über Nacht ungebremst hoch und voll durch. Morgens glühte der Ofen und vier große Küvetten mit 12 cm Durchmesser und 22 cm Höhe standen auf Sandhaufen.

Das restliche Wachs ist inzwischen zu Ruß umgewandelt und klebriger Ruß verklebt die Löcher in der Einbettmasse. Wenn man jetzt das Gold oder Silber eingießen würde, dann würde das heiße Metall den Ruß zu Gas umwandeln, das aber nicht durch die Einbettmasse entweichen kann und das flüssige Metall würde nicht nur gestoppt, sondern im ungünstigen Fall, wie in einer Explosion wieder herauskommen.

Der Ruß muss also ausgebrannt werden. Die Umwandlung beginnt ab 480 °C bei Sauerstoff Zufuhr (der Ofen darf nicht dicht geschlossen sein). Je höher die Temperatur desto schneller passiert das. Nach oben gibt es eine Grenze für gipsgebundene Einbettmassen. Aber 780 °C fängt der Gips an sich zu zersetzen und die Masse schrumpelt. Wenn man Steine eingießt, muss man für die Steine jeweils die Obergrenzen beachten, bei Diamanten sind das 720 °C. Da beginnen sie matt zu werden und sind irgendwann weg.

_________________
von: Heinrich Butschal
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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: 22.01.2018, 11:01 


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 12:11 
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Platinstaub
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Klasse Heinrich,

vielen Dank für diese wertvollen Hinweise.
Werde ich mir glatt ausdrucken und an die Wand pappen :-) !

Thema Sauerstoffzufuhr:
Ich hab an meinem Ofen so einen kleinen Schieberegler der wohl für die Sauerstoffzufuhr zuständig ist.
Ab wann macht man den auf? Sollte der während der gesamten Kurve offen bleiben oder erst ab 480 Grad?

Vielen Dank!


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 12:16 
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Goldschmiedemeister
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Für die Küvette ist erst ab den Temperaturen über 480 °C Luftzufuhr sinnvoll.

Ich habe es immer offen und eine Absagung am Laufen weil es sonst so arg qualmt und stinkt in der Werkstatt.

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von: Heinrich Butschal
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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 15:36 
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Tilo hat geschrieben:

Vielen Dank!
Ah, "neu" na dann. Schön schlank.

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Machst du gern selber Schmuck, dann geh
zu


reim dich oder ich fress dich!


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 18:30 
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Silberstaub
Silberstaub

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Hallo Sämi

Tönt total spannend. Ich bin eigentlich per Zufall in die ganze Schmuckwelt gekommen.
Habe einen Pädagogischen Hintergrund... und musst mal was für Mädchen machen.... Per Zufall war der Vater meiner damaligen Freundin Zahntechniker....schwups und es hat mich total reingezogen.
Ich habe längere Zeit nur 80% gearbeitet und Kurse für Giessen gegeben.
Mit einfach Geräte aber mit recht guten Resultaten.
Ich bin immer noch im Bildungsbereich und kaufte an meiner Schule für meine Lernenden eine 3 Drucker für ein Freifach...ja jetzt hat es mich auch wieder reingezogen.

Deine MC-16 ist ja ein Hammer Teil. Ich hatte mal ein Combi Labor--- war auch so was zum Stürzen. Mit Vakuum und Druckluft... mit dem Teil hatte ich die besten Resultate ever... ging dann leider futsch...

Wieso brauchst du noch einen Controller? Die MC ist ja programmierbar.
Was hast du für einen Ofen?

Gruss
Christoph


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 21:07 
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Silberstaub
Silberstaub

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Super Die Beschreibung.

Aber: das sind ja chemisch physikalische Prozesse, die per se so laufen. Was machen dann die Speedmassen anders?
Können die mehr aufnehmen?

Heinrich Butschal hat geschrieben:
Zum besseren Verständnis der Brennkurven sollte man wissen was da jeweils passiert.

Bei 100 °C verwandelt sich das Wasser in Dampf und muss entweichen. Nach innen durch den Gusskanal geht es leicht und treibt damit einen Großteil der Wachse mit aus, nach außen kann es nur durch die freien Seiten langsam entweichen.
Weiter innen kann der Dampf nur durch den bereits trocknen Teil der Einbettmasse aus dampfen. Man kann sich das als Dampfgrenze, die nach innen wandert, vorstellen. Ist der Vorgang zu schnell dann werden Teile abgesprengt und die Form zerstört.

Bei 380 °C verwandelt sich das kristallin gebundene Wasser in Wasserdampf, der ebenfalls entweichen muss. Hier sind die Drücke viel höher aber die Menge viel geringer, daher ist dieser Vorgang seltener ein Problem. Einmal hatte ich relativ neue Heizspiralen in einem Ofen und der Temperaturfühler war kaputt und die Heizung lief über Nacht ungebremst hoch und voll durch. Morgens glühte der Ofen und vier große Küvetten mit 12 cm Durchmesser und 22 cm Höhe standen auf Sandhaufen.

Das restliche Wachs ist inzwischen zu Ruß umgewandelt und klebriger Ruß verklebt die Löcher in der Einbettmasse. Wenn man jetzt das Gold oder Silber eingießen würde, dann würde das heiße Metall den Ruß zu Gas umwandeln, das aber nicht durch die Einbettmasse entweichen kann und das flüssige Metall würde nicht nur gestoppt, sondern im ungünstigen Fall, wie in einer Explosion wieder herauskommen.

Der Ruß muss also ausgebrannt werden. Die Umwandlung beginnt ab 480 °C bei Sauerstoff Zufuhr (der Ofen darf nicht dicht geschlossen sein). Je höher die Temperatur desto schneller passiert das. Nach oben gibt es eine Grenze für gipsgebundene Einbettmassen. Aber 780 °C fängt der Gips an sich zu zersetzen und die Masse schrumpelt. Wenn man Steine eingießt, muss man für die Steine jeweils die Obergrenzen beachten, bei Diamanten sind das 720 °C. Da beginnen sie matt zu werden und sind irgendwann weg.


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 21:17 
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Goldschmiedemeister
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Ich kenne phosphatgebundene Massen. Die sind härter und vertragen höhere Dampfdrücke und unter Umständen haben sie bei 380° C keine Abgabe kristallin gebundenen Wassers.

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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 21:55 
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Silberstaub
Silberstaub

Registriert: 17.01.2018, 19:20
Beiträge: 49
Wohnort: Andelfingen / Schweiz
Ja das stimmt alle Speed Massen mit denen ich gearbeitet habe (aus der Zahntechnik) waren phosphat gebunden.
Bei allen war es so, dass das Ausbetten extrem mühsam war.
Sicher die einen noch schlimmer als die anderen --> nicht zu vergleichen mit gipsgebunden.

Da bin ich ja mal gespannt auf die Erfahrungen von Sämi.

Übrigens hab ich am Wochenende einen Guss mit Gips im Speedverfahren rauf auf 740 runter 480 gemacht-- ging eigentlich auch gut...hab die Teile aber noch nicht verarbeitet.


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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 22.01.2018, 22:57 
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Hallo Christoph, ich wäre da mal total auf Bilder gespannt!!!

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 Betreff des Beitrags: Re: Fragen zum Giessen
BeitragVerfasst: 23.01.2018, 11:22 
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Platinstaub
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Rothschmuck hat geschrieben:
Hallo Sämi

Wieso brauchst du noch einen Controller? Die MC ist ja programmierbar.
Was hast du für einen Ofen?

Gruss
Christoph


da hast du was überlesen:
der Controller ist für den Ofen Nabertherm L3/11, nicht für die MC16 :-)

lg
samy


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